Alles, was Sie über die Immunschwächekrankheit wissen sollten
Kaum eine Krankheit ist so stark mit Ängsten und Vorurteilen behaftet wie AIDS. Dabei ist es heute wichtiger denn je, sachlich und fundiert über die Immunschwächekrankheit und ihre Ursache, die HIV-Infektion, zu informieren. Nur mit Wissen und Aufklärung lassen sich Neuinfektionen verhindern und Betroffene unterstützen.
Dieser Artikel gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über AIDS und HIV – von den Symptomen und Ursachen über die Diagnose bis hin zu den Behandlungsmöglichkeiten. Sie erfahren, wie Sie sich schützen können, woran Sie eine Infektion erkennen und welche Therapien heute möglich sind. Mit den richtigen Informationen können wir gemeinsam dazu beitragen, AIDS zu enttabuisieren und seiner Verbreitung entgegenzuwirken.
AIDS und HIV-Infektion auf einen Blick
- AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome) ist eine schwere Störung des Immunsystems, ausgelöst durch das HI-Virus (Human Immunodeficiency Virus)
- HIV befällt und zerstört wichtige Zellen des Immunsystems, sodass der Körper anfällig für lebensbedrohliche Infektionen und Krebs wird
- Typische Symptome sind u.a. Fieber, Nachtschweiß, Lymphknotenschwellungen, ungewollter Gewichtsverlust und schwere opportunistische Infektionen
- HIV wird v.a. durch ungeschützten Geschlechtsverkehr, Blut und von infizierten Müttern auf ihre Kinder übertragen
- Diagnose durch Antikörpertest und PCR zum direkten Virusnachweis
- Behandlung mit antiretroviraler Therapie (ART), die Viruslast senkt und Immunsystem stärkt, aber keine Heilung ermöglicht
- Wichtigste Schutzmaßnahmen: Safer Sex, Einmalspritzen bei Drogenkonsum, HIV-Tests
Was versteht man unter AIDS und HIV-Infektion?
AIDS steht für “Acquired Immune Deficiency Syndrome”, zu Deutsch “Erworbenes Immunschwäche-Syndrom”. Es bezeichnet das fortgeschrittene Stadium einer Infektion mit dem HI-Virus (Human Immunodeficiency Virus). Das Virus befällt und zerstört nach und nach wichtige Zellen des Immunsystems, sodass der Körper zunehmend anfällig für lebensgefährliche opportunistische Infektionen und bestimmte Krebsarten wird.
Man unterscheidet zwischen der akuten HIV-Infektion kurz nach der Ansteckung und der chronischen HIV-Infektion. AIDS ist das Endstadium der chronischen Infektion, in dem das Immunsystem so stark geschwächt ist, dass schwerwiegende Erkrankungen auftreten. Allerdings erkranken heutzutage dank wirksamer HIV-Medikamente nur noch wenige Patienten an AIDS.
Wie äußert sich eine HIV-Infektion und AIDS?
Die Symptome einer HIV-Infektion sind vielfältig und oft unspezifisch. Etwa 2-4 Wochen nach der Ansteckung treten bei 50-90% der Betroffenen grippeähnliche Symptome auf (sog. akutes retrovirales Syndrom):
- Fieber
- Hautausschlag
- Geschwollene Lymphknoten
- Halsschmerzen
- Kopf- und Muskelschmerzen
- Durchfall
- Allgemeines Krankheitsgefühl
Diese Symptome verschwinden meist nach einigen Wochen wieder. In den nächsten Jahren verläuft die HIV-Infektion dann in der Regel symptomlos.
Unbehandelt treten nach vielen Jahren, wenn das Immunsystem stärker geschwächt ist, erneut Krankheitszeichen auf, darunter:
- Persistierende Lymphknotenschwellungen
- Wiederkehrende Fieberschübe und Nachtschweiß
- Ungewollter Gewichtsverlust
- Chronische Durchfälle
- Mundsoor (Pilzinfektion der Mundschleimhaut)
- Bläschenartige Hautveränderungen (Herpes Zoster)
Im Vollbild von AIDS können schließlich schwere, oft lebensbedrohliche Erkrankungen auftreten, die ein intaktes Immunsystem normalerweise abwehren könnte:
- Lungenentzündung durch Pneumocystis jirovecii
- Gehirnhautentzündung durch Toxoplasmose oder Kryptokokken
- Tuberkulose
- Schwere Pilzinfektionen (z.B. Soor im gesamten Verdauungstrakt)
- Chronische Herpes simplex-Infektionen
- Kaposi-Sarkom (blutgefäßbildender Tumor)
- Lymphome (Krebs des Lymphsystems)
AIDS definiert sich durch das Auftreten bestimmter opportunistischer Infektionen und Tumoren bei nachgewiesener HIV-Infektion. Das Krankheitsbild AIDS kommt heute dank der HIV-Therapie nur noch selten vor.
Wie wird HIV übertragen? Wie entsteht AIDS?
Das HI-Virus befindet sich in Blut, Samenflüssigkeit, Vaginalsekret und Muttermilch von infizierten Personen. Es wird v.a. auf folgenden Wegen übertragen:
- Ungeschützter vaginaler oder analer Geschlechtsverkehr (häufigster Übertragungsweg)
- Gemeinsame Benutzung von Spritzen beim Drogenkonsum
- Von der infizierten Mutter auf ihr Kind während Schwangerschaft, Geburt oder Stillzeit
- Verunreinigte Blutkonserven oder Organtransplantate (in Deutschland äußerst selten)
In Speichel, Tränen, Schweiß oder Urin ist die Viruskonzentration so gering, dass von ihnen keine Ansteckungsgefahr ausgeht. HIV wird nicht durch Küssen, Anhusten, gemeinsames Essen, Handschütteln, Toilettensitze oder Insektenstiche übertragen. Das Virus überlebt außerhalb des Körpers nur kurz und ist sehr empfindlich gegenüber Hitze und Seife.
Einmal in den Körper gelangt, befällt HIV bestimmte weiße Blutkörperchen (T-Helferzellen, Makrophagen), die eine zentrale Rolle für das Immunsystem spielen. In deren Zellkern integriert das Virus seine Erbinformation, vermehrt sich und zerstört so nach und nach die Immunzellen. Dadurch ist der Körper immer weniger in der Lage, Krankheitserreger und entartete Körperzellen abzuwehren. Es treten schwere opportunistische Infektionen und Tumore auf (AIDS).
Welche Komplikationen und Folgeerkrankungen können auftreten?
Bei einer unbehandelten HIV-Infektion ist das Auftreten von AIDS mit schwerwiegenden opportunistischen Infektionen und Krebs die gefürchtetste Komplikation. Aber auch in früheren Stadien kann die Infektion Folgen haben:
- Erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten, v.a. Lymphome, Kaposi-Sarkom, Gebärmutterhalskrebs, Analkrebs
- Gehirnerkrankungen: HIV-assoziierte Demenz, Hirnatrophie, kognitive Störungen, Neuropathien
- Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall
- Leberschäden, v.a. bei gleichzeitiger Hepatitis B/C-Infektion
- Chronische Nierenschäden, HIV-assoziierte Nephropathie
- Verringerte Knochendichte, erhöhtes Osteoporose-Risiko
- Psychische Probleme wie Depressionen, Ängste
Einige dieser Komplikationen werden durch das Virus selbst verursacht, andere sind Nebenwirkungen der HIV-Medikamente. Insgesamt haben HIV-Patienten heute dank der antiretroviralen Therapie aber eine sehr gute Lebenserwartung. Viele Folgeerkrankungen lassen sich gut behandeln oder vermeiden.
Wie wird eine HIV-Infektion und AIDS diagnostiziert?
Um eine HIV-Infektion festzustellen, sind folgende Tests und Untersuchungen nötig:
- HIV-Antikörper-Suchtest (ELISA): weist HIV-Antikörper im Blut nach, frühestens 3 Wochen nach Infektion möglich
- HIV-Antikörper-Bestätigungstest (Western-Blot): wird bei positivem ELISA durchgeführt, um Ergebnis zu bestätigen
- PCR zum direkten Nachweis des Virus bzw. seiner Erbinformation: bereits ab 2 Wochen nach Ansteckung möglich
- Viruslastbestimmung: misst Menge der HI-Viren im Blut
- Bestimmung der CD4-Helferzellen: gibt Auskunft über Zustand des Immunsystems
Ein HIV-Test ist immer freiwillig und darf nicht ohne Ihr Einverständnis durchgeführt werden! In Deutschland haben Sie zudem das Recht auf einen anonymen Test.
Bei einem positiven Testergebnis sollten der Allgemeinzustand und mögliche Begleiterkrankungen des Patienten untersucht werden. Dazu gehören:
- Allgemeine körperliche Untersuchung
- Blutuntersuchungen: Blutbild, Leberwerte, Nierenwerte, Blutzucker, Blutfette, CRP
- Test auf andere sexuell übertragbare Erkrankungen (Syphilis, Chlamydien, Hepatitis B/C…)
- Tuberkulose-Haut- oder Bluttest
- Impftiter-Bestimmung (u.a. für Hepatitis A/B)
- Bei Bedarf: Röntgen-Thorax, Ultraschall der Lymphknoten und des Bauchraums
Die Diagnose AIDS gilt als bestätigt, wenn mindestens eine der AIDS-definierenden Erkrankungen wie Pneumocystis-Pneumonie oder Toxoplasmose-Hirninfektion nachgewiesen wird.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die Behandlung einer HIV-Infektion hat zwei Ziele: die Vermehrung der Viren zu stoppen und so das Immunsystem zu schützen. Dazu dient die antiretrovirale Therapie (ART). Sie besteht aus einer Kombination mehrerer Medikamente, die an verschiedenen Stellen in den Vermehrungszyklus der Viren eingreifen:
- Reverse-Transkriptase-Hemmer: verhindern Umschreibung der viralen RNA in DNA
- Integrase-Hemmer: blockieren Einbau viraler Erbinformation in Wirtszelle
- Protease-Hemmer: stoppen Reifung der Viruspartikel
- Entry-Inhibitoren: hemmen Eindringen der Viren in Zielzellen
Die Medikamente müssen lebenslang und möglichst regelmäßig eingenommen werden, um dauerhaft wirksam zu sein. Bei konsequenter Behandlung lässt sich die Viruslast im Blut meist unter die Nachweisgrenze senken. Die HIV-Infektion gilt so als optimal kontrolliert und das Risiko für Folgeerkrankungen und Übertragung ist sehr gering. Heilbar ist die Infektion damit allerdings nicht – bei Absetzen der Medikamente vermehren sich die verbliebenen Viren wieder.
Zusätzlich zur ART behandelt man opportunistische Infektionen bei AIDS oder anderen Komplikationen gezielt, z.B. mit Antibiotika, Virostatika oder Antimykotika. Bei HIV-assoziierten Krebserkrankungen kommen Operation, Chemo- oder Strahlentherapie zum Einsatz. Eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und sportlicher Aktivität kann dazu beitragen, das Immunsystem zu stärken.
Je früher eine HIV-Infektion erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Heilungsaussichten. Lassen Sie sich deshalb bei einem HIV-Risiko unbedingt testen!
Wie kann man AIDS und HIV-Infektionen vorbeugen?
Der sicherste Schutz vor einer HIV-Übertragung ist die Vermeidung von Risikofaktoren. Dabei helfen folgende Maßnahmen:
- Safer Sex: Kondomgebrauch, keine Sperma- oder Blutaufnahme in Mund/Rektum, Verzicht auf Risikopraktiken, regelmäßige Tests bei häufig wechselnden Partnern
- Verwendung von sterilem, möglichst Einmalbesteck beim Drogenkonsum
- Keine gemeinsame Benutzung von Zahnbürsten, Rasierzeug etc.
- Konsequente Einhaltung von Hygieneregeln in Krankenhaus, Arztpraxis, Tattoo-/Piercingstudio
- Regelmäßige HIV-Tests in der Schwangerschaft, nach Risikokontakten und generell für Menschen mit häufig wechselnden Sexualpartnern
Für Menschen mit einem besonders hohen HIV-Risiko (z.B. Partner von HIV-Infizierten) kommt außerdem eine medikamentöse Präexpositions-Prophylaxe (PrEP) mit HIV-Medikamenten in Frage. Sie kann das Risiko einer Ansteckung deutlich senken, ersetzt aber nicht andere Vorsichtsmaßnahmen wie Kondome.
Eine Impfung gegen HIV gibt es bislang leider nicht. An der Entwicklung eines Impfstoffs wird aber intensiv geforscht.
Kondome schützen nicht nur vor HIV, sondern auch vor anderen sexuell übertragbaren Infektionen wie Syphilis, Chlamydien, Tripper oder HPV. Verwenden Sie Kondome deshalb nicht nur beim “ersten Mal” oder mit neuen Partnern!
Fazit
AIDS und HIV-Infektion sind auch heute noch ein ernstes globales Gesundheitsproblem. Dank moderner Behandlungsmöglichkeiten haben HIV-Patienten zwar eine sehr gute Lebenserwartung und Lebensqualität, aber von einer Heilung sind wir noch weit entfernt. Umso wichtiger ist eine konsequente Vorbeugung durch Safer Sex, sterile Nadeln und regelmäßige Tests.
Gleichzeitig müssen wir alles dafür tun, die Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen mit HIV/AIDS zu beenden. Denn AIDS ist nicht nur eine medizinische, sondern auch eine gesellschaftliche Herausforderung. Mit Wissen, Mitgefühl und Solidarität können wir ihr begegnen.
Informieren Sie sich, schützen Sie sich und gehen Sie offen und einfühlsam mit Betroffenen um – in der Partnerschaft, im Freundeskreis und in der Gesellschaft. So können wir gemeinsam dazu beitragen, die Ausbreitung von HIV einzudämmen und Betroffenen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Es liegt an uns allen, Verantwortung zu übernehmen – für unsere eigene Gesundheit und für ein vorurteilsfreies Miteinander.
Antworten auf häufige Fragen (FAQ)
- Ist HIV das gleiche wie AIDS? Nein, HIV bezeichnet das Virus, das die Infektion auslöst. AIDS ist das fortgeschrittene Krankheitsstadium, in dem schwere Folgeerkrankungen auftreten.
- Wie schnell bricht AIDS nach einer HIV-Infektion aus? Ohne Behandlung entwickelt etwa die Hälfte der HIV-Infizierten innerhalb von 10 Jahren AIDS. Mit antiretroviraler Therapie haben die meisten Patienten heute eine normale Lebenserwartung.
- Gibt es Symptome, an denen man HIV sicher erkennen kann? Nein, die Symptome einer HIV-Infektion sind sehr unspezifisch. Sicherheit bringt nur ein HIV-Test.
- Wann kann man sich nach einer Risikosituation testen lassen? HIV-Antikörpertests werden etwa 6 Wochen nach der möglichen Ansteckung zuverlässig positiv. PCR-Tests können eine Infektion schon nach ca. 2 Wochen nachweisen.
- Wann sollte mit einer HIV-Therapie begonnen werden? Nach den aktuellen Leitlinien sollte jeder HIV-Infizierte möglichst bald antiretroviral behandelt werden – unabhängig von Symptomen und Helferzellzahl.
- Wie hoch ist die Lebenserwartung mit HIV heute? Bei rechtzeitiger Diagnose und konsequenter Therapie haben HIV-Patienten heute eine annähernd normale Lebenserwartung.
Weiterführende Links & Quellen
- Deutsche Aidshilfe: https://www.aidshilfe.de/
Umfassende Informationen rund um HIV/AIDS, Beratungsangebote, Adressen von Anlaufstellen - RKI: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/H/HIVAIDS/hiv_node.html Epidemiologische Daten und Studien, Leitlinien und Standards für Deutschland
- Unaids: https://www.unaids.org/ Aktuelle globale Zahlen, Fakten und Strategien zur Bekämpfung von AIDS