Diabetes insipidus: Alles, was Sie über Symptome, Ursachen, Diagnose & Therapie wissen müssen

Wenn häufiger Harndrang und extremer Durst Ihr Leben bestimmen – Diabetes insipidus erkennen und behandeln

Auf einen Blick

  • Diabetes insipidus ist eine seltene Hormonstörung, die zu vermehrtem Wasserlassen und starkem Durst führt
  • Häufige Symptome sind große Urinmengen, Dehydrierung, Elektrolytstörungen und Erschöpfung
  • Es gibt 2 Hauptformen: zentraler (Hirnanhangsdrüse produziert zu wenig Vasopressin) und renaler (Nieren sprechen nicht auf Vasopressin an) Diabetes insipidus
  • Die Diagnose erfolgt durch Durstversuch, Urinuntersuchung, Bluttests und bildgebende Verfahren
  • Je nach Ursache stehen Medikamente wie Desmopressin, Diuretika und Elektrolytlösungen zur Verfügung

Was genau ist Diabetes insipidus?

Diabetes insipidus (DI) ist eine Stoffwechselstörung, die durch eine Störung des Wasserhaushalts gekennzeichnet ist. Dabei kann der Körper das Wasser nicht ausreichend in den Nieren zurückhalten, was zu einer vermehrten Ausscheidung von stark verdünntem Urin (Polyurie) führt. Betroffene haben oft starken Durst und müssen große Mengen trinken (Polydipsie), um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.

Man unterscheidet zwei Hauptformen von Diabetes insipidus:

  1. Zentraler DI: Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) produziert zu wenig vom antidiuretischen Hormon (ADH), auch Vasopressin genannt.
  2. Renaler DI: Die Nieren sprechen nicht richtig auf normal produziertes ADH an.

Seltener treten auch ein dipsogener DI mit einer Störung des Durstzentrums oder ein Schwangerschafts-DI durch verstärkten Abbau von Vasopressin auf.

Welche Beschwerden verursacht die Krankheit?

Die Leitsymptome von Diabetes insipidus sind:

  • Ausscheidung sehr großer Mengen an Urin (Polyurie)
  • Starkes Durstgefühl und erhöhte Flüssigkeitsaufnahme (Polydipsie)
  • Nächtliches Wasserlassen (Nykturie)
  • Dehydrierung (Austrocknung) und Elektrolytstörungen
  • Erschöpfung, Abgeschlagenheit und Konzentrationsprobleme

Bei Säuglingen und Kleinkindern können zudem eine geistige Entwicklungsverzögerung oder Gedeihstörungen auftreten. Bei älteren Menschen wird die Erkrankung oft mit einem gutartigen Prostataleiden verwechselt.

Auch gesunde Menschen scheiden bei hoher Flüssigkeitszufuhr und geringer Nahrungsaufnahme mehr Urin aus (physiologische Polyurie). Alarmsignale für einen Diabetes insipidus sind Urinmengen von über 3 Litern pro Tag trotz normalem Trinkverhalten.

Woher kommt Diabetes insipidus?

Die Ursachen von Diabetes insipidus sind vielfältig und reichen von angeboren bis erworben.

Mögliche Gründe für einen zentralen DI sind:

  • Hirntumoren oder -verletzungen
  • Entzündungen, Infektionen oder Autoimmunerkrankungen
  • Komplikationen nach Operationen an der Hirnanhangsdrüse
  • Genetische Defekte in der Vasopressin-Produktion
  • Selten auch Nebenwirkungen bestimmter Medikamente

Hinter einem renalen DI können stecken:

  • Angeborene Störungen der Nierenfunktion (z.B. Markschwammniere)
  • Erworbene Nierenerkrankungen (z.B. Zystennieren, Amyloidose, Sarkoidose)
  • Medikamente wie Lithium oder Demeclocyclin
  • Elektrolytstörungen wie Hypokaliämie oder Hyperkalzämie

Risikofaktoren, die die Entstehung von DI begünstigen, sind:

  • Höheres Lebensalter
  • Schädel-Hirn-Verletzungen oder neurochirurgische Eingriffe
  • Familiäre Vorbelastung
  • Zustand nach Hirnhautentzündung oder Hirntumoren

Während der Schwangerschaft produziert die Plazenta ein Enzym, das Vasopressin abbaut. Dies kann zu vorübergehenden DI-Symptomen führen, die sich meist nach der Entbindung wieder normalisieren.

Wann sollten Sie zum Arzt gehen?

Da die Beschwerden anfangs unspezifisch sind, wird die Erkrankung oft erst spät erkannt. Suchen Sie einen Arzt auf, wenn Sie über längere Zeit

  • auffallend viel Wasser lassen (mehr als 3 Liter/Tag)
  • häufiger als gewöhnlich Durst haben
  • nachts mehrmals zur Toilette müssen
  • unter Müdigkeit, Antriebslosigkeit oder Konzentrationsmangel leiden
  • deutlich an Gewicht verloren haben

Der Arzt wird zunächst Nieren- und Prostataleiden sowie einen Diabetes mellitus ausschließen, da diese ähnliche Symptome hervorrufen können. Gerade im höheren Alter ist die Verwechslung mit einer gutartigen Prostatavergrößerung häufig.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Nach einer ausführlichen Befragung und körperlichen Untersuchung wird der Arzt verschiedene Tests durchführen:

  • Durstversuch: Nach nächtlichem Fasten wird die Urinausscheidung über mehrere Stunden gemessen. Dabei wird auch die Änderung des Körpergewichts und der Natriumkonzentration im Blut bestimmt. Bei DI-Patienten bleibt die Urinmenge auch nach Flüssigkeitskarenz hoch.
  • Urinuntersuchung: Messsung von Menge, spezifischem Gewicht, Osmolalität und Elektrolyten des Urins. Bei einem DI ist der Urin stark verdünnt (Hyposthenurie).
  • Bluttests: Neben dem Elektrolyt- und Wasserhaushalt werden auch die Nierenwerte, der Blutzucker und die Serumosmolalität geprüft. Ggf. werden auch die Spiegel von Vasopressin und verwandten Hormonen bestimmt.
  • Bildgebende Verfahren: MRT oder CT des Schädels können Tumoren und andere Veränderungen an der Hirnanhangsdrüse nachweisen und so die Ursachen eines zentralen DI klären.
  • Ggf. Vasopressin-Belastungstest: Durch die Gabe von Vasopressin wird untersucht, ob die Nieren darauf ansprechen. Dies ermöglicht die Differenzierung zwischen renalem und zentralem DI.
  • Nierenfunktionsszintigraphie: Diese spezielle Untersuchung kann einen renalen DI von einer psychogenen Polydipsie abgrenzen.

Um die Beschwerden richtig einzuordnen, ist ein Trinkprotokoll hilfreich, in dem Sie Ihre Trinkmenge und Urinausscheidung über mehrere Tage dokumentieren.

Wie wird Diabetes insipidus behandelt?

Die Behandlung richtet sich nach der Ursache und Ausprägung der Erkrankung. Bei allen Formen ist eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme wichtig, um einer Dehydrierung vorzubeugen.

Beim zentralen DI hat sich die Gabe von Desmopressin bewährt. Dieses Vasopressin-Analogon gleicht den Mangel an Hormon aus und normalisiert so die Urinausscheidung. Es ist als Nasenspray, Tabletten oder Injektionslösung verfügbar.

Desmopressin kommt auch bei der Behandlung von Bettnässen oder einer vermehrten Blutungsneigung (Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom) zum Einsatz.

Der renale DI spricht dagegen nicht auf Desmopressin an. Hier kommen ausschließlich Diuretika (z.B. Thiazide oder Amilorid) und Elektrolytlösungen zur Anwendung, die übermäßige Wasserausscheidung mindern und den Salz-Wasser-Haushalt stabilisieren.

Lässt sich ein dipsogener DI nachweisen, sind verhaltenstherapeutische Maßnahmen zur Kontrolle des Trinkverhaltens ratsam. Bei Störungen des Durstzentrums oder einem hypothalamischen DI muss die Trinkmenge ggf. auch begrenzt werden.

Je nach Grunderkrankung sind weitere spezifische Therapien nötig, etwa eine Operation bei Tumoren der Hypophyse oder der Einsatz von Kortikoiden bei autoimmunen Entzündungen. Auch auf Medikamente, die DI verursachen oder verschlimmern können, sollte nach Möglichkeit verzichtet werden.

Wie können Sie einem DI vorbeugen?

Da viele Formen von Diabetes insipidus nicht direkt vermeidbar sind, beschränkt sich die Vorbeugung auf ein paar allgemeine Maßnahmen:

  • Schützen Sie sich vor Schädel-Hirn-Traumata, z.B. durch das Tragen eines Helms beim Fahrradfahren oder bei Risikosportarten.
  • Gehen Sie verantwortungsvoll mit Medikamenten um und besprechen Sie mögliche Neben- und Wechselwirkungen mit Ihrem Arzt.
  • Stellen Sie sich bei Hirntumoren oder anderen Erkrankungen mit Gefahr eines DI frühzeitig in fachärztliche Behandlung.
  • Achten Sie auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, besonders bei Hitze oder starker körperlicher Belastung.
  • Messen Sie regelmäßig Ihre Flüssigkeitsaufnahme und -ausscheidung und führen Sie bei Auffälligkeiten ein Trinkprotokoll.
  • Informieren Sie sich bei einer familiären Vorbelastung über Frühsymptome eines DI und lassen Sie sich genetisch beraten.

Das Wichtigste in Kürze

Diabetes insipidus ist eine oft verkannte Störung des Wasserhaushalts, die durch vermehrtes Wasserlassen, starken Durst und Erschöpfung gekennzeichnet ist. Durch gezielte Diagnostik lässt sich die Erkrankung heute aber gut abgrenzen und in den meisten Fällen erfolgreich behandeln. Mit der richtigen Therapie können Betroffene ein weitgehend beschwerdefreies Leben führen. Scheuen Sie sich nicht, bei anhaltenden Symptomen ärztlichen Rat einzuholen – je früher, desto besser!

Weiterführende Quellen

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